Die wichtigsten Stoffe und wie sie sich unterscheiden

 

Teil 1: Stoffe für authentische historische Gewandung

 

Es gibt unfassbar viele Stoffe und da kann man sich im Stoffdschungel schon mal verlaufen.

Hier eine kleine Übersicht sortiert nach Einsatzgebieten mit denen ich ein bisschen Licht ins Dunkel bringen möchte.

Im ersten Teil soll es um Stoffe für authentische historische Gewänder und Gewandung, die sehr historisch wirken soll, gehen. Also Naturstoffe, die seit tausenden von Jahren für Kleidung verwendet werden und die du heute für deine Gewandung verwenden kannst.

Wolle

Wolle wird als Bekleidungsstoff schon seit mehreren tausend Jahren benutzt. Bei Wolle denkst du jetzt vielleicht an dicke Mantelwolle und da hast du natürlich recht. Loden, also verfilzte Wolle, ist wunderbar geeignet für Mäntel, Gugeln oder ähnliches, denn sie hält Dich nicht nur warm, sondern vor allem auch trocken. Der Regen läuft einfach daran herunter. Es ist sozusagen der Regenjackenstoff des Mittelalters. Es gibt aber auch viele weitere Wollqualitäten, darunter auch ganz dünne Wolle, die sich sogar für edle Kleider eignen und nicht besonders warm sind.

Loden

Loden ist gewalkte, also verfilzte Wolle und damit schön warm und regendicht. Es gibt zumeist gewebten und gestrickten Loden. Der gestrickte Loden ist günstiger und leichter und reicht in den meisten Fällen vollkommen aus. Für eine authentische historische Darstellung solltest Du allerdings auf den teureren gewebten Loden zurückgreifen.

Einsatzgebiete

  • Mäntel
  • Jacken
  • Gugeln
  • Dicke Kleider und Tuniken für kalte und/oder nasse Tage

Vorteile und Nachteile

  • schwer
  • warm
  • wasserfest

Gewebtes Wolltuch

Wolltuch ist der ganz übliche Wollstoff, aus dem im Mittelalter sicherlich der größte Teil der Kleidung gemacht war. Es gibt es in ganz unterschiedlichen Ausführungen von kuschelweich bis steif und kratzig. Wolle kann auch sehr edel aussehen, vor allem in einer etwas feineren und leicht glänzenden Variante. Wolltuch ist immer noch leicht wasserabweisend und wirkt isolierend.

Eisatzgebiete

  • Kleider
  • Tuniken
  • dünne Jacken
  • Landsknechtgewandungen
  • Für die ganz Harten: Beinlinge

Vorteile und Nachteile

  • warm und angenehm
  • wunderbar authentisch
  • verleiht einer Gewandung das gewisse Etwas
  • mehr oder weniger kratzig, wenn direkt auf der Haut
  • im Sommer wäre es mir zu warm

Feine Wollstoffe

Es gibt des Weiteren eine Vielzahl an ganz feinen und edlen Wollstoffen von Georgette über Satin bis zu feinen Tartanstoffen. Diese sind oft nicht so warm und sehr, sehr edel. Bei der Auswahl für die Gewandung muss man darauf achten, dass der Stoff nicht zu modern wirkt.

Einsatzgebiete

  • Edle Kleider
  • Edle Herrengewänder
  • Tartan für Kelten -und Schottengewandung

Vorteile und Nachteile

  • sehr edel
  • hochpreisig
  • wirkt teilweise zu modern

Pflege

Reine, unbehandelte Wolle muss nicht gewaschen werden. Dreck fällt beim Trocknen normalerweise ab und intensiver Geruch von einem Abend am Feuer verflüchtigt sich im nu. Lüften reicht vollkommen aus.  Achtung: Wolle ist sehr beliebt bei Kleidermotten und sollte daher vorsichtshalber geschützt werden. Natürlicher Lavendelduft soll helfen.

 

 

Leinen

Leinen ist mein absoluter Lieblingsstoff für Gewandung. Er sieht einfach toll aus und fühlt sich vor allem wunderbar an. Ja, ich gebe zu, nicht von Anfang an. Sobald er aber die Körperwärme angenommen hat, wird er ganz weich und angenehm. Ausserdem schwitzt man darin am wenigsten. Wenn es sehr heiss ist, fühlt sich Leinen oft sogar noch kühl auf der Haut an. Gerade für heisse Tage die beste Wahl.

Allerdings mit einer kleinen Einschränkung: Ein wirklich edles Gewand wird schwierig. Leinen wird jeder noch so edlen Gewandung eine eher schlichte Note verleihen.

Leinen war von der Antike bis Ende des 19. Jahrhunderts gebräuchlich. Danach ist er von der Bildfläche verschwunden und wurde erst vor wenigen Jahren wieder entdeckt. Leinen wird aus der Flachspflanze gewonnen.

Halbleinen

Eine Mischung aus Baumwolle und Leinen wird als Halbleinen bezeichnet.  Halbleinen eignet sich zum Beispiel prima für Piratenhemden und ähnliches.  Er ist meist dünn und besonders luftig.

mitteldicker (normaler) Leinen

Das ist der ganz klassische Leinen, der sich für fast alle Kleidungsstücke eignet. Kleider, Hosen, Tuniken, sogar leichte Umhänge und Gugeln, einfach alles sieht toll und irgendwie „mittelalterlich“ aus. Der perfekte Stoff für Deine Gewandung. Mit Leinen kannst Du einfach nichts falsch machen.

Besondere Leinenqualitäten

Leinen ist in vielen weiteren Varianten erhältlich. Besonders dicke Leinen oder solche mit einer besonderen Struktur. Diese sind oft teurer, können deiner Gewandung allerding das ganz besondere Etwas verleihen. Man sieht ihnen ihre Hochwertigkeit einfach an und deine Gewandung wird damit ganz besonders aussehen.

Einsatzgebiete

Gewandung aller Art, vor allem für den Sommer, vor allem:

  • Kleider
  • Tuniken
  • Westen
  • Hosen
  • Röcke
  • Mieder

Vorteile  und Nachteile

  • angenehm zu tragen
  • ideal für heisse Tage
  • hat eine schöne Struktur und einen schönen Fall

Pflege

Wenn man Leinen in der Waschmaschine schleudert bekommt es Falten, die nie wieder rausgehen. Daher wasche ich Leinen immer im Schonprogramm bei 30 °C ohne Schleudern und hänge es dann möglichst glatt nass auf oder wähle höchstens „Schonschleudern“.

Bügeln kann man Leinen superheiss und mit viel Dampf.

Hanf

Hanfstoffe werden aus den Fasern der Hanfpflanze hergestellt. Ja, genau, die gleiche Pflanze, die sich im Joint befindet. Hanfstoffe sind seit Tausenden von Jahren bekannt. Die alten Chinesen haben damit angefangen.

Hanfstoffe gibt in vielen sehr unterschiedlichen Ausführungen. Für deine Gewandung eignet sich am besten Leinwand aus Hanf, diese sieht Leinen sehr ähnlich. Ich selbst habe Hanf noch nie verwendet, da ich mit Leinen bisher immer gut bedient war. Wenn Du allerdings mal etwas besonders möchtest, könnte Hanf eine gute Wahl für dich sein.

Das besondere an Hanf ist, dass er von Natur aus absolut schädlingsresistent ist und daher grundsätzlich ohne jegliche Chemikalien auskommt. Das ist natürlich Spitzenklasse für die Natur und für dich, falls Du empfindlich gegenüber der Chemie in den Stoffen bist.

Ausserdem gilt Hanf als sehr robust. Wenn du deine Gewandung also extremer Belastungen aussetzen möchtest, hast du an Hanf sicher lange Zeit Freude.

Einsatzgebiete

  • Unterkleidung
  • Tuniken
  • Hosen
  • Cotten
  • Wämser
  • Lagerausstattung

Vorteile und Nachteile

  • Umweltfreundlich
  • extrem robust
  • wenig knitteranfällig, wird mit der Zeit immer weicher
  • sehr hochpreisig

Pflege

Lässt sich einfach in der Maschine waschen, sogar bis 90°C!

Seide

Seide wird aus den Kokons der Seidenspinnerraupen gewonnen, die in Maulbeerbäumen leben und sich von deren Blättern ernähren. Die Raupe umwickelt sich sozusagen mit einem Seidenfaden, der ihr nach ihrem, leider unnatürlichem Tod wieder abgewickelt wird.

Die Seidenherstellung ist seit 5000 Jahren bekannt, allerdings zuerst nur im Alten China und die Chinesen haben ihr Geheimnis über viele Tausend Jahre sehr gut gehütet. Für die Exporte verlangten sie horrende Preise, sie ließen sich die Seide teilweise sogar mit Gold aufwiegen. Erst 550 n. Chr.( also zu Beginn des Mittelalters) gelang es, einige Raupeneier in die Byzanz zu schmuggeln und die Seidenherstellung begann auch in Europa.

Brokat

Brokat ist ein fester Seidenstoff, in dem Gold oder Silberfäden eingewoben waren. Brokat aus echter Seide ist heute nur selten erhältlich, aber wer suchet, der findet. Natürlich muss man dafür sehr tief in die Tasche greifen. Ein Gewand aus Brokat ist eines Königs oder einer Königin würdig und genauso würdest du in einer solchen Gewandung aussehen!

Einsatzgebiete

  • Edle Roben
  • Edle Tuniken und ähnliches
  • Kleine Details an der Gewandung
  • Westen
  • Gehröcke

Damast

Damast ist eine aufwendige Webtechnik, durch die bildhafte Muster im Stoff entstehen. Die Kett- und Schussfäden sind je nach Muster sichtbar. Oder einfacher ausgedrückt: Man kann die Vorder- bzw. Rückseite sehen, so ergeben sich die Muster. Man braucht für die Damastherstellung besonders stabile und hochwertige Garne.

Damast war vor allem ab dem Spätmittelalter populär. Damast eignet sich für deine Gewandung, wenn du großen Reichtum darstellen möchtest.

Jacquard ist, könnte man sagen, eine modernere Form von Damast, die seit 1805 mit der Erfindung eines neuen Webstuhls möglich ist. So können noch filigranere Muster entstehen. Wenn Du es nicht absolut genau nimmst, gibt es optisch eigentlich nicht wirklich einen Unterschied zwischen Jacquard und Damast.

Jacquard und Damast aus Seide sind normalerweise recht steif und eigen sich daher, wenn Dein Gewand nicht „fließen“ muss.

Einsatzgebiete

  • Edle Roben
  • Edle Tuniken und ähnliches
  • Kleine Details an der Gewandung
  • Westen
  • Gehröcke

Satin

Satin ist ein (auch in der echten Seidenvariante) stark glänzender Stoff.  Er ist extrem empfindlich. Einmal eine Mauer berührt, hast du vermutlich bereits eine Macke im Kleid. Seidensatin gibt es in vielen Varianten von steif (Duchesse) bis extrem fließend (Crepesatin) und er wirkt wunderbar edel.  In Satin fällst Du garantiert auf!

Einsatzgebiete:

  • Fließende Kleider
  • Tücher
  • Edle Unterkleidung

Taft

Taft ist ein fester Seidenstoff der nicht so stark glänzt, wie Satin. Taft lässt sich auch fantastisch in wunderschöne Falten legen. Für eine Viktorianische Robe z. B. ist er einfach perfekt! Für fließende Mittelalterkleider würde ich Dir Taft eher nicht empfehlen. Denn sie würden dann ganz Steif daher kommen. Wenn gerade das bei Deinem Gewand der Effekt sein soll, ist es natürlich super.

Einsatzgebiete:

  • Roben
  • Westen
  • Gehröcke
  • Hosen

Dupion und Wildseide

Dupionseide wird aus Kokons von 2 Raupen gewonnen , die sich gemeinsam verhaspelt haben. Wildseide entsteht aus den Kokons von verschiedenen wildlebenden Faltern. Sie weisst die typischen Knötchen auf, die allerdings eigentlich richtig schön aussehen, weil sie dem Stoff Struktur und Charakter verleihen.

Dupionseide ist einen tacken weniger steif als Taft, aber im Prinzip damit zu vergleichen. Er ist einfach etwas günstiger und eben mit Knötchen.

Einsatzgebiete

  • Kleider
  • Roben
  • Westen
  • Gehröcke
  • Hosen
  • Tuniken und ähnliches

Crepe

Crepe ist ein fließender, matter Seidenstoff, der einfach wunderschön ist.  Fließende Kleider z.B. sind daraus ein wahrer Traum. Crepe gibt es auch als Satin mit Glanz.

Einsatzgebiete

  • Fließende Kleider
  • Edle Unterkleider
  • Tücher

Pongeseide

Pongeseide ist eine sehr dünne, glänzende Seide und ziemlich erschwinglich. Sie eignet sich bestens als Futterstoff und fühlt sich auf der Haut einfach traumhaft fantastisch an.

Einsatzgebiete

  • Futterstoff
  • Unterkleider

Chiffon und Georgette

Chiffon ist ein federleichter, sehr durchsichtiger Seidenstoff. Georgette ist ganz ähnlich, nur ein wenig schwerer und weniger durchsichtig.

Einsatzgebiete

  • Oberstoff federleichter Kleider
  • Ärmel
  • Tücher

Seidensamt

Samt gibt es noch nicht ganz so lange. Erst ab der Renaissance wurde er in Italien hergestellt. Für eine mittelalterliche Gewandung eignet sich Samt daher nicht. Seidensamt ist heutzutage als Viskosemischung erhältlich, dass heisst, der Flor besteht aus Viskose. Seidensamt komplett aus Seide ist nur schwer zu finden. Seidensamt ist ein sehr fließender, anschmiegsamer Stoff mit hohem Glanz.

Einsatzgebiete

  • fließende Kleider
  • Tuniken
  • Details
  • Tücher
  • Roben

Vorteile und Nachteile

  • isolierend gegen Kälte und Wärme
  • hohe Festigkeit
  • teuer bis sehr teuer
  • sehr angenehm auf der Haut
  • sehr empfindlich, vor allem gegen Wasserflecken

Pflege

Seide kommt eine Weile gut mit Lüften aus, kann aber nur in den seltensten Fällen gewaschen werden und muss dann in die Reinigung.

Baumwolle

Baumwolle wird seit tausenden von Jahren in Afrika, Amerika und Asien hergestellt. Nach Europa musste sie allerdings importieret werden und das machte sie bis ins 17. Jahrhundert teurer als Seide. Erst Ende des 18. Jahrhunderts wurde eine Spinnmaschine erfunden, die günstige „Massenproduktion“ im Vereinigten Königreich möglich gemacht hat und der Siegeszug der Baumwolle war nun unaufhaltbar.

Seit dem Mittelalter hat sich die Baumwollpflanze stark verändert. Im Mittelalter wuchsen noch Wollschafe an den Baumwollbäumen. 😉

Baumwollsamt

Baumwollsamt wird noch nicht allzu lange Hergestellt. Er eignet sich daher nur für Gewandungen ab dem Rokoko. Wenn du es ganz genau nimmst, würde ich an deiner Stelle lieber auf Baumwollsamt für deine Gewandung verzichten. Es war einfach eher üblich Seidensamt zu verwenden.  Wenn es historisch nicht authentisch sein soll, dann ist Baumwollsamt natürlich ein wunderschöner Stoff, aber das ist eine andere Geschichte und die werde ich ein anderes mal erzählen.

Mousselin

Mousselin oder Musselin eignet sich hervorragend für Empirekleider. Baumwollmousselin war damals dermaßen populär, dass die Damen sogar im Winter nicht darauf verzichten wollten und daher ständig krank wurden: Die Musselinkrankheit. Die Damen waren einfach erkältet, weil Mousselin ein hauchfeiner, leichter Baumwollstoff ist. Ein ganz ähnlicher Stoff ist Baumwollvoile.

Batist

ist ebenfalls ein sehr dünner, feiner Baumwollstoff. Er eignet sich hervorragend für Halstücher und ähnliches.

 

Vorteile und Nachteile

  • eignet sich für europäische Gewandung erst für spätere Jahrhunderte
  • sehr kostengünstig
  • leicht zu pflegen und eher unempfindlich
  • sehr angenehm auf der Haut

 

Pflege

kann ganz entspannt in der Waschmaschine gewaschen werden. Je nach Stoff zwischen 30 und 90 °C und sehr heiss gebügelt werden.

 

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Quellen:

www.wikipedia.de

www.naturstoff.de